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Delhi-cious!

Gedanken eines schwulen Inders
Von Günther Selinger, 10.06.2009

Oft hat sich der attraktische schwule Ansul aus Neu-Delhi gefragt, wie sein Leben wohl wäre, wenn er anderen Männer gebenüber nur die üblichen Gefühle eines heterosexuellen Mannes entgegenbrächte. (Was immer das sein mag, Anm.d.R.).

Jedenfalls wäre sein Leben komplett anders verlaufen, da ist sich der 25-jährige ziemlich sicher. Er glaubt, dass er nicht mit der Verwirrung und dem Schmerz konfrontiert werden würde, dem Druck, den er von der Gesellschaft Indiens ausgesetzt war. Er hätte seine Gefühle nicht so lange unterdrücken, sich nicht verstecken müssen und peinlichst darauf achten, dass niemand merkt, was in ihm vorgeht. Ansul glaubt, dass er als Heterosexueller freier hätte leben können, ohne Unsicherheiten oder Verwirrungen.

Ein Mitschüler von Ansul war ein Junge, den auch er selbst fürchterlich fand. Er benahm sich immer wie ein Mädchen. Seine feminine Art passte nicht zu einem Knaben. Er wurde von allen ignoriert und verspottet, und hatte nur einige Mädchen als Gesellschaft. Ansul hat ihn bereits als 8-jähriger als Abschaum empfunden. Er konnte sich nicht überwinden, zurückzulächeln, wenn ihn der Mitschüler schüchtern anlächelte. Ansul konnte und wollte ihn damals nicht verstehen oder akzeptieren. Zu sehr sind feminine Männer dem Durchschnittsinder ein Gräuel.

Viele Jahre später, als Ansul sich eingestand, schwul zu sein und begann, seinen persönlichen langen Weg zum Outing zu gehen, das noch lange nicht erfolgen wird, hat er sich Fragen gestellt, für die er keine Antwort fand. Er wusste, dass er sich nicht von Frauen sexuell angezogen fühlte, sondern nur von Männern, aber wen hätte er um Rat oder Hilfe bitten können?

Über das Internet erst fand Ansul heraus, dass er nicht allein war. Dass es viele von uns gibt. Gleichzeitig sah Ansul aber, dass Schwule in den meisten Ländern keine gleichen Rechte haben und auch von Mitmenschen nicht als gleichwertig anerkannt werden. Dass sie von oben herab angesehen und homophoben Attacken ausgesetzt werden. Indien ist dabei weit schwulenfeindlicher als etwa Europa.

Als Ansul die Ungerechtigkeit begriff und wusste, dass auch er zu der in Indien so verhassten Gruppe gehört, realisierte er, wie unfair er seinen Mitschüler damals behandelt hat. Er hat deshalb ein schlechtes Gewissen und es tut ihm unendlich leid. "Jeder muss so leben dürfen, wie er möchte.", sagt Ansul, "Es ist doch schließlich nicht unsere Schule, dass wir schwul sind."

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Für Inder aus gutem Haus ist ein öffentliches Outing praktisch unmöglich, wenn man ein Absinken in eine tiefe Kaste vermeiden will. Das bedeutet gleichzeitig den Verlust aller Privilegien, von Familie, Freunden, Job und letztendlich jeglichem Wohlstand. "Das Beste ist eigentlich, etwa in London zu studieren und anschließend gleich zu bleiben." sagt Ansul. Er ist gerade dabei, seine Eltern zu überzeugen, ihm das teure Studium zu finanzieren.

Aber auch wenn er in Indien bleiben muss, heiraten wird Ansul nie. "Wer würde schon ein schwieriges Leben einem einfachen vorziehen?" fragt Ansul. "Aber wir wählen das schwierige, weil wir schwul sind und keine Wahl haben. Ein schwules Leben kann man hier schon führen, aber es muss alles hinter der Fassade der Heterosexualität verborgen werden. Aber das kommt nur daher, weil viele Menschen Andersdenkende unterdrücken wollen und anderen den Samen des Hasses in den Köpfen einpflanzen." sagt Ansul.

"Ich selbst bin nicht stolz darauf, schwul zu sein, genausowenig wäre ich es als Heterosexueller. Was ich aber sicher sagen kann ist, dass meine Homosexualität die Kruste meiner Engstirnigkeit aufgebrochen hat, die kleine Welt in der ich gelebt habe, gesprengt hat. Mein Schwulsein hat mich gelehrt, Unterschiede zu akzeptieren. Ich bin tolerant geworden. Es hat mich zu einem besseren Menschen gemacht. Ich glaube an die Wiedergeburt und bin mir sicher, es wird honoriert werden, dass ich allen Menschen mit Achtung und ohne Vorurteile entgegentreten kann."



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