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Marko Feingold

Erinnerungen an KZ
von Peter Jobst. 20.07.2012

Marko Feingold (*1913) kennt keine Berührungsängste. Der Vorsteher der Israelitischen Kultusgemeinde Salzburg nimmt völlig selbstverständlich an einem Kamin-Gespräch über schwule NS-Opfer in der HOSI Salzburg teil oder besucht einen Filmabend über Queer Israel.

Locker erzählt er von früheren schwulen Treffpunkten, wie das Römerbad. Sein ironischer Blick auf Eifer, Gier, Brutalität, spätere Verdrängung (+ Gedächtnislücken) in Österreich ist ein Kabinettstück des fein bissigen jüdischen Humors.

Zum 99. Geburtstag wird seine Biographie »Wer gestorben ist, dem tut nichts mehr weh« neu verlegt: Oral History vom Feinsten: Jetzt finden seine Erinnerungen auch öffentlich die gebührende Beachtung.

Die Zeit scheint jetzt allmählich reif zu werden, um sich mit den Widersprüchen, Gegensätzen, Brüchen als Spiegel der jüdisch österreichischen Vergangenheit auseinanderzusetzen.

Die packende Familiengeschichte geht in eine Jugend in Wien zwischen Prater, Cafés, Strassen über, wo er aus der Distanz Glanz und Elend schwuler Männer beobachtet. Stationen sind Kaufmanns-Lehre, Arbeitslosigkeit, Reisender in Italien.

1938 nach Rückkehr in Wien verhaftet: Flucht nach Prag, Ausweisung nach Polen, Rückkehr mit falschen Papieren nach Prag, erneute Festnahme (1939), Deportation in das KZ Auschwitz. Feingold erreicht die Überstellung in KZs mit größeren Überlebenschancen (u.a. Buchenwald).

Seine Erfahrungen als »Prater-Strizzi« helfen ihm beim Überleben. Naivität gepaart mit Instinkt: Auch wenn er oft ins offene Messer rennt, seinen Hals zieht er immer wieder aus der Schlinge.

In Salzburg Nach landet er zufällig: Er betreut die Verpflegung von Displaced Persons, hilft Juden bei der illegalen (!) Einreise nach Palästina: Der Kreislauf von Vertreibung, Rück- und Wiederkehr geht weiter.

Den tief verwurzelten, meist latenten Antisemitismus bekommt auch er zu spüren. Viele Juden wurden um ihren Besitz geprellt. Jüdisches Leben ist heute in Salzburg fast unmöglich, weil die Jungen anderswo ihre Chance suchen und weggehen.

Nach dem Rückzug aus seinem Modegeschäft agiert er als Zeitzeuge mit Vorträgen in Schulen und Pfarren und als aktiver Teilnehmer am interreligiösen Dialog.

Feingold erzählt locker, unverkrampft, verschmitzt, schelmisch. Mit deftiger Sprache und einer guten Mischung von Ironie und Sarkasmus bringt er seine Sache auf den Punkt.


Präsentation mit Albert Lichtblau und Verleger
In "seiner" Synagoge in Salzburg

Facts

Marko M. Feingold (* 28. Mai 1913 in Besztercebánya/Neusohl, Österreich-Ungarn, heute Banská Bystrica, Slowakei) ist Präsident der Israelitischen Kultusgemeinde Salzburg.



Bücher

• (Hrsg.): Ein ewiges Dennoch. 125 Jahre Juden in Salzburg. Wien-Köln-Weimar 1993.
• Wer einmal gestorben ist, dem tut nichts mehr weh. Herausgegeben von Albert Lichtblau und Birgit Kirchmayr. - Neuauflage im Otto Müller Verlag, Salzburg 2012



Die Wander-Ausstellung »Allee der Gerechten« im Mirabellgarten erinnert mit Plakaten, Fahnen, Schilder an Österreicher, die Menschen vor den Nazis retteten. Mehr als 60 Jahre nach Kriegsene wird die Zeit reif für diese mehr als fällige Debatte, an der Männer wie Marko Feingold einen wesentlichen Anteil haben.



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